Vor dem Rennen: Locker machen!
So ging es mit einer Woche Vorlauf am 3.10. inklusive Michelle und den Kindern auf nach Hawaii. Das Wetter war in der Rennwoche ähnlich dem letzten Jahr, gegen Mittag zogen immer Wolken über Kona auf, die mich hoffen ließen, dass es am Renntag nicht zu heiß werden sollte. Das letzte Jahr aber hatte mich vorgewarnt und ich rechnete wieder mit einem langen, heißen Leidensweg. Mit einer Woche Vorlauf kann man sich sehr viel entspannter auf das Rennen vorbereiten, als wenn man, wie wir im letzten Jahr, lediglich vier Tage vor dem Rennen anreist. So blieb auch vor dem Rennen noch Zeit für eine längere Radausfahrt auf der Strecke, die aber schnell für Ernüchterung bezüglich meiner Radform sorgte. Das Ziel war von da an noch klarer als zuvor: völlig entspannt losfahren und schauen, was sich entwickelt. Schwimmen konnte ich in der Rennwoche auch oft und es war in der Kailua Bay einfach ein Traum! Hatte ich im gesamten Jahr 2008 bis dahin weniger als zehn Schwimmeinheiten absolviert, so zogen mich die Atmosphäre am Dig-Me-Beach, das warme Wasser und die unglaubliche Unterwasserwelt der Insel in der Rennwoche täglich in den Pazifik. Der einzig völlig weiße Punkt auf der Landkarte war das Laufen, denn wie ich nach dem Radsplit den Marathon überstehen sollte, war mir von Anfang an völlig schleierhaft. Aber nun: Übertrainiert war ich in jedem Fall nicht, ausgeruht dagegen sehr gut!
Das gefürchtete Schwimmen… Schlägerei Fehlanzeige!
Vor dem Schwimmen hatte besonders Alex gehörigen Respekt, vielleicht sogar auch Angst, wie man hier in seinen Augen sehen kann! ;-)
Als dann pünktlich um 7:00 Uhr am 11. Oktober der Startschuss zum großen Renne fiel, war ich auf das Schlimmste vorbereitet. Im letzten Jahr noch hatte ich in der gern als Waschmaschine bezeichneten Meute von übermotivierten Triathleten unzählige Schläge einstecken müssen. Dieses Mal hingegen verlief schon der Start ohne Probleme. Wohl weil ich gleich nach dem Start einen Kampfrichter auf einem Surfboard umschwimmen musste, befand ich mich in einer kleinen Lücke des großen Feldes. Zum Wendepunkt dauerte es trotzdem eine gefühlte Stunde, zurück zum Pier dann eine halbe Ewigkeit. Als ich aber kurz vor dem Schwimmausstieg einen Unterwasserfotografen sah, konnte ich nicht umhin, ihm mitten im Getümmel ein „hang loose“ zu zeigen. Tatsächlich blitzte es dann und ich hoffe, dass ich irgendwie an dieses Foto herankomme. Das Wasser verließ ich dann nach bereits nach 1:06h. Diese Zeit war dann, wie sich später herausstellte, sogar besser schneller als 2007. Und das, obwohl ich lediglich einen Bruchteil des letztjährigen Schwimmtrainings absolviert hatte.
Das Radfahren – erst locker, dann langsam!
War ich 2007 noch mit der Gewissheit in das Rennen gegangen, zumindest eine anständige Radform mitzubringen, wollte ich nach dem Trainingsausfall in der letzten Zeit nicht riskieren und fuhr sehr verhalten los. Im Gegensatz zum letzten Rennen hier schwamm ich damit in der großen Masse der Athleten mit, die sich zunächst durch das Dorf schlängelte und danach auf den berüchtigten Queen K Highway wechselte. Trotz der Tatsache, dass ich hier nicht permanent überholte wie in 2007, war das Rennen erstaunlich fair. So man denn fair fahren wollte. Denn wegen des schnell aufkommenden Windes gab es die ein, oder andere Gruppe, die jedoch von den Kampfrichtern, die wesentlich weniger gnädig agieren als in Deutschland, gut auseinander gepflückt wurden.
Als ich dann von meinem treuen (Rad)Gaul abstieg, zeigten meine Beine Krampfneigung und ich setzte mich gemütlich Richtung Wechselzelt in Bewegung. Dort angekommen genoss ich alle Annehmlichkeiten, die die Helfer zu bieten hatten: ein feuchtes Handtuch für den Nacken, Essen und Trinken, den Sonnencremeservice und die aufmunternden Worte der unglaublich freundlichen Leute aus aller Welt.
Das Laufen, erster Teil: Wieder mal heiß, wer hätte es gedacht?
Auf der Laufstrecke dann begann der wirklich ungemütliche Teil des Rennens. Obwohl wir ja eine Woche vor dem Rennen angekommne waren, war mein Körper auf die mehr als 36°C nicht eingestellt und ich war merklich überhitzt. Auch mein Asthmaleiden machte mir zu schaffen. Das führte dazu, dass ich nach dem ersten Kilometer zu gehen anfing und mich an den Verpflegungsstationen mit allem versorgte, was zum kühlen taugt. Also füllte ich die Taschen meiner Hose und meines Trikots mit Eis, packte mir Eis unter die Mütze, klemmte mir Schwämme auf die Schultern und trank was das Zeug hielt. So verbrachte ich die ersten fünf Kilometer gehend, wobei meine Lunge und mein Puls jederzeit signalisierten, dass an laufen nicht zu denken war. Mein Puls lag selbst beim Gehen bei 140-150 Schlägen die Minute. Wer so langsam unterwegs ist, wie ich, der kann dann auch mit dem offiziellen Fotografen am Straßenrand noch seine Späßchen machen, wie hier zu sehen.
140-150 Schläge pro Minute, das war der Bereich, in dem ich in England einen Marathon von 3:26h gelaufen war. Obwohl ich mich auf ein solches Szenario eingestellt hatte, kamen hier Gedanken auf, die ich bis dato in einem Rennen noch nicht gehabt hatte… sogar ein Aufgeben wäre in Frage gekommen, hätte sich mein Puls nicht irgendwann beruhigt! Auf dem ersten Teilstück konnte ich dann Stefan (Werner), Tobias W. aka FuXX und Alex N. aka Nopogobiker sehen, die allesamt ein sehr viel besseres Rennen hatten als ich. Gratulation Euch, irgendwann bekomme ich das mit der Hitze auch noch hin! Als ich dann am Wendepunkt in der Stadt etwas heruntergekühlt war, beschloss ich, es einmal wieder mit laufen zu versuchen. Langsam trabend bewegte ich mich so wieder Richtung Kona und war mir sicher, dass ich heute noch irgendwie ins Ziel kommen würde. Immerhin hatte ich für die gesamten 17 Stunden Rennzeit gezahlt!
Die Begrüßung an der Palani Road fiel dann durch die dort versammelte Kona 08-Support-Crew eher verhalten aus. Man hatte wohl erwartet, ich würde hier hoch fliegen wie Tobias. Leider war das nicht drin und ich trottete langsam an ihnen vorbei. Der Beweis hier:
Die Begrüßung an der Palani Road fiel dann durch die dort versammelte Kona 08-Support-Crew eher verhalten aus. Man hatte wohl erwartet, ich würde hier hoch fliegen wie Tobias. Leider war das nicht drin und ich trottete langsam an ihnen vorbei. Der Beweis hier:
Hier wurde dann auch in etwa klar, wie mein Rennen im Vergleich zum Vorjahr lief: War mir 2007 hier noch der Sieger des Männerrennens entgegen gekommen, so war es diesmal die Siegerin der Damenkonkurrenz, die mir schnellen Schrittes und mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht förmlich entgegen flog.
Das Laufen, zweiter Teil: Run for the Sun
Ich hingegen hangelte mich von Verpflegungsstation zu Verpflegungsstation und erwartete auf dem zweiten Teil des Marathons noch höhere Temperaturen. Glücklicherweise aber zeigte sich der Himmel über dem Highway und dem Energy Lab bedeckt und es war weit weniger warm als zuvor. Zu meiner großen Überraschung fielen hier sogar ein paar Regentropfen. Etwas Abwechslung verschaffte mir dort draußen die Gesellschaft eines anderen Athleten, der offensichtlich von einem Fernsehteam begleitet wurde. Immer, wenn die Fernsehkameras liefen, zog der Navy Seal an mir vorbei, wenn sie wieder verschwunden war, überholte ich ihn wieder. Ein paar lustige Gespräche später verabschiedete ich mich am Wendepunkt im Energy Lab und machte mich auf, auch die letzten 12km noch zu bewältigen. Auf dem Weg hinaus aus dem Energy Lab kam mir dann Howard entgegen. Wie immer, wenn ich ein bekanntes Gesicht sah, nahm ich mir die Zeit, die Straßenseite zu wechseln und ihn abzuklatschen. Wieder auf dem Highway angekommen, wurde mir bewusst, dass es mit einem Finish vor Sonnenuntergang verdammt knapp werden würde, denn ich hätte die verbleibenden 10km in unter 55 Minuten laufen müssen. Leider aber verpuffte mein Versuch, das „Tempo“ hier zu erhöhen, schon nach 500 Metern und langsam fand ich mich damit ab, in der Dunkelheit auf den Alii Drive einzuschwenken. Irgendwann zwischen Tag und Nacht also lief ich die Palani Road hinunter, um auf die letzte Schleife Richtung Ziel zu gehen. Diesmal würdigte ich die Mitgereisten entsprechend und machte zur Feier des Tages auch noch einmal ein freundliches Gesicht.
Um Michelle und Sophia genügend Zeit zu geben, meinen Zieleinlauf zu verfolgen. Ich beeilte ich mich auf den letzten 1,5km nicht sonderlich, ließ mir im Zielkanal alle Zeit der Welt und zog sogar fürs Zielfoto, wie schon in England, die hässlichen Kompressionssocken runter. Diesmal forderte ich das Glück nicht heraus und konnte damit die letzten Meter auch ohne Krämpfe zurücklegen. Die Atmosphäre auf dem Alii Drive ist schon etwas ganz besonderes: nicht zu vergleichen mit den Zuschauermassen in Frankfurt oder Roth, aber eben das Original. Wieder stehen mit Tränen in den Augen und am Ende überquerte ich nach knapp über 11:21h die Ziellinie des Ironman Hawaii.
Das Glücksgefühl auf der Ziellinie ist dann doch nicht so ausgeprägt wie beim ersten Mal. Aber insgesamt ist die Genugtuung, es auf sportlichem Weg hierher geschafft zu haben ja schon Grund genug, sich ein Loch in den Bauch zu freuen.
Finish(ed), again!
Im Ziel angekommen war ich zwar wieder dehydriert, aber lange nicht so erschöpft wie 2007. Erst jetzt konnte, zugegebenermaßen sehr verhalten, ein wenig gefeiert werden. Und zwar mit allen, die sich mit auf den Weg ans andere Ende der Welt gemacht hatten. Da wären zunächst die Wagnerlis in Form von Michelle, Sophia und Leonie. Dann Alex und Julia (endlich auch da), Howard, Pia und Tobias, Julia und Stefan, Meike und Jose. Die große Feier am Folgetag fiel zunächst ins Wasser, war danach aber umso amüsanter, zunächst im Regen, dann im Lulu’s (Bilder folgen).
Fazit:
Festzuhalten bleibt: Eins meiner sportlichen Ziele habe ich dieses Jahr habe ich mit der Quali in England überraschenderweise erreicht. Es geht also doch! Trotzdem bleibt ein Teil der Rechnung mit dem Ironman Hawaii weiterhin offen: Irgendwann möchte ich hier gern einmal ein Rennen bestreiten. Also wirklich sehen, was hier geht. Letztes Jahr war dies aufgrund der der Meniskus-OP und des Unfalls nicht drin. Dieses Jahr verhinderte die kurze Zeit zwischen dem IM UK und die Erkältung ein Rennen auf Hawaii. Dieses Projekt wird aber erst in einigen Jahren in Angriff genommen, denn nicht in jedem Jahr kann man den Gegenwert eines Kleinwagens in ein Sportereignis investieren. ;-)
So long!
Tim